Die Medical Device Regulation (MDR)
Warum sie wichtig ist und welche Rolle klinische Prüfungen spielen

Die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte, auch europäische Medizinprodukte-Verordnung genannt, ist eine bedeutende Neuregelung, die das Zulassungsverfahren von Medizinprodukten in Europa erheblich verändert hat und seitdem viele Hersteller und Studienzentren bewegt.

Die Medical Device Regulation (MDR) ersetzt die bisher geltende Richtlinie über Medizinprodukte und zielt darauf ab, den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten sowie Anwendern weiter zu verbessern. Sie trat am 25. Mai 2017 in Kraft und ist seit dem 26. Mai 2021 in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union anzuwenden

Unternehmen, die Medizinprodukte in der EU vertreiben wollen, müssen jetzt ihre Produkte gemäß den Bestimmungen der MDR zulassen und hierfür klinischer Prüfungen durchführen.

Übrigens: Was Medizinprodukte sind, erläutern wir in unserem Artikel zum MPDG.

Die MDR im Überblick – wichtigste Veränderungen und Inhalte


Die Medical Device Regulation, also die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte löst die zuvor geltenden Richtlinien MDD und AIMDD (Active Implantable Medical Devices Directive) innerhalb der EU ab. Zur Durchführung und Ergänzung der MDR auf nationaler Ebene in Deutschland hat der Gesetzgeber das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) eingeführt, das schrittweise seit dem 26. Mai 2021 das ursprüngliche Medizinproduktegesetz (MPG) ersetzt hat.

Die Medical Device Regulation (MDR) hat gegenüber den zuvor geltenden Normen eine erweiterte Reichweite, die nun auch Produkte ohne medizinischen Zweck einschließt, wie z. B. Kontaktlinsen oder Geräte für kosmetische Eingriffe. Dadurch soll der gesamte europäische Markt für Medizinprodukte sicherer und transparenter gestaltet werden.

Medizinprodukte gemäß MDR: Das ändert sich

  • Erweiterung des Produktgeltungsbereichs
  • Umsetzung des Systems zur eindeutigen Produktidentifikation (UDI)
  • Strenge klinische Überwachung nach dem Inverkehrbringen
  • Benennung der qualifizierten Person für die Einhaltung der Rechtsvorschriften
  • Neuregelung der Klassifizierung von Produkten nach Risiko, Kontaktdauer und Invasivität
  • Strengere klinische Nachweise für Medizinprodukte der Klasse III und implantierbare medizinische Geräte
  • Systematische klinische Bewertungen von Medizinprodukten der Klassen IIa und IIb
  • Bereits nach MDD/AIMDD zertifizierte Medizinprodukte müssen neu nach MDR zugelassen werden

Inhalte der Medical Device Regulation (MDR)

Die Medical Device Regulation gliedert sich in 10 Kapitel. Inhaltlich lassen sich diese folgendermaßen zusammenfassen:

 

1. Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

Etliche Begriffsdefinitionen haben sich geändert bzw. wurden neu eingeführt, so z. B. für das Medizinprodukt an sich, für die einmalige Produktkennung (UDI) und für schwerwiegende Vorkommnisse.

 

2. Bereitstellung auf dem Markt und Inbetriebnahme von Produkten, Pflichten der Wirtschaftsakteure, Aufbereitung, CE-Kennzeichnung, Freier Verkehr

Hersteller von Medizinprodukten nun verpflichtet, über ein Risiko- und Qualitätsmanagementsystem zu verfügen, eine klinische Bewertung durchzuführen, eine technische Dokumentation zu erstellen und ein Konformitätsbewertungsverfahren anzuwenden.

 

3. Identifizierung und Rückverfolgbarkeit von Produkten, Registrierung von Produkten und Wirtschaftsakteuren, Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung, Europäische Datenbank für Medizinprodukte

In Kapitel 3 widmet sich die Medical Device Regulation (MDR) der Systematisierung. Das System zur eindeutigen Produktidentifikation (UDI-System) und die zentrale europäische Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) wurden geschaffen, um Informationen über Medizinprodukte, deren Zulassung und eventuelle Zwischenfälle öffentlich zugänglich zu machen.

 

4. Benannte Stellen

Eine benannte Stelle ist eine von einem EU-Mitgliedstaat mit der Konformitätsprüfung von Produkten vor ihrem Inverkehrbringen beauftragte Organisation. In diesem Kapitel wird definiert, welche Anforderungen die benannten Stellen erfüllen müssen, um Medizinprodukte zu prüfen und zu zertifizieren. Dazu gehören Qualifikationen, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Die benannten Stellen spielen eine zentrale Rolle im Zulassungsverfahren und müssen regelmäßig überwacht und akkreditiert werden. Zudem sind sie verpflichtet, Kontrollen durchzuführen und kontinuierlich sicherzustellen, dass die Hersteller die Anforderungen der Medical Device Regulation (MDR) einhalten.

 

5. Klassifizierung und Konformitätsbewertung

Produkte werden nach Risikoklassen eingeteilt. Es gibt die Risikoklassen I, IIa, IIb und III, wobei die III die höchste Risikoklasse darstellt. Diese basierend auf Faktoren wie z.B. Dauer der Verwendung und Art des Körperkontakts. Je höher die Risikoklasse, desto strenger sind die Anforderungen an die Konformitätsbewertung. Hersteller müssen je nach Klassifizierung unterschiedliche Verfahren durchlaufen, um die Einhaltung der MDR nachzuweisen.

 

6. Klinische Bewertungen und klinische Prüfungen

Hersteller müssen klinische Bewertungen durchführen, um die Sicherheit und Leistung ihrer Produkte zu belegen. Die Anforderungen an die Durchführung klinischer Prüfungen sind in diesem Kapitel beschrieben, so unter anderem zur Aufklärung und Einwilligung der Studienteilnehmer (Prüfungsteilnehmer). Auch das koordinierte Bewertungsverfahren für klinische Prüfungen wird hier per Medical Device Regulation definiert.

 

7. Überwachung nach dem Inverkehrbringen, Vigilanz und Marktüberwachung

Dieses Kapitel legt fest, dass Hersteller auch nach dem Inverkehrbringen von Medizinprodukten ihre Sicherheit und Leistung kontinuierlich überwachen müssen. Dazu gehört die Sammlung von Daten aus der Praxis (Post-Market Surveillance). Die Vigilanz-Systeme sollen die Meldung und Bewertung von Vorfällen ermöglichen, um rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Die Behörden führen zudem regelmäßig Marktüberwachungen durch, um die Konformität sicherzustellen.

 

8. Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten, der Koordinierungsgruppe Medizinprodukte, Fachlaboratorien, Expertengremien und Produktregister

Ziel der Medical Device Regulation ist es, eine effektive Überwachung und Durchsetzung der Verordnung sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten benennen die zuständigen Behörden und Gremien, die eng zusammenarbeiten, um einheitliche Standards EU-weit zu gewährleisten.

 

9. Vertraulichkeit, Datenschutz, Finanzierung und Sanktionen

Das Anliegen der MDR ist, dass vertrauliche Informationen der Hersteller und medizinische Daten geschützt werden. Gleichzeitig müssen die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachtet werden. Die Finanzierung bezieht sich Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Benennung und Überwachung der Benannten Stellen. Bei Nichteinhaltung der MDR-Regeln drohen Sanktionen, die von den Mitgliedstaaten individuell festgelegt und durchgesetzt werden.

 

10. Schlussbestimmungen

Hier finden sich allgemeine Regelungen, die den Übergang zur neuen Verordnung und die Aufhebung der alten Verordnungen betreffen. Es wird definiert, ab wann die Medical Device Regulation angewendet werden muss und welche Übergangsfristen für bestehende Medizinprodukte gelten. Ziel ist es, einen reibungslosen Übergang zum neuen Regulierungssystem sicherzustellen.

Die MDR hat derzeit 17 Anhänge. Hier finden Sie die Verordnung in der aktuellen Fassung.

Auswirkungen der MDR am Studienzentrum

Durch die Einführung der Medical Device Regulation haben sich für Kliniken und Arztpraxen, die klinische Prüfungen mit Medizinprodukten durchführen, mehrere Änderungen ergeben:

  • Strengere Anforderungen: Klinische Prüfungen müssen nun umfassender geplant und durchgeführt werden, um die Sicherheit und Wirksamkeit des Produkts zu belegen. Die Anforderungen an die Dokumentation und Berichterstattung sind strenger geworden.
  • Genehmigungspflicht: Klinische Prüfungen benötigen eine Genehmigung (Ethikvotum) durch Ethikkommissionen und zuständige Behörden, bevor sie beginnen dürfen.
  • Ethikvotum: Alle ärztlichen Mitglieder im Prüfteam, die Patienten aufklären möchten, benötigen jetzt ein positives Ethikvotum durch die zuständige Ethikkommission
  • Überwachung: Es besteht eine Verpflichtung zur fortlaufenden Überwachung während und nach der Studie, um unerwünschte Ereignisse zu dokumentieren.
  • Transparenz: Ergebnisse klinischer Prüfungen müssen gemäß Medical Device Regulation (MDR) zentral in der europäischen Datenbank (EUDAMED) erfasst und zugänglich gemacht werden, um Transparenz zu gewährleisten.

Die Durchführung klinischer Prüfungen bietet den mitwirkenden Ärzten die Möglichkeit, frühzeitig Zugang zu innovativen Technologien zu erhalten und zur Weiterentwicklung der Behandlungsmöglichkeiten beizutragen. Durch Einführung der MDR wird für eine bessere Sicherheit der Patienten gesorgt, aber auch der organisatorische und administrative Aufwand am Studienzentrum erhöht.

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Zudem empfehlen wir Ihnen, regelmäßig in die Informationen auf der Website des BfArM zu schauen.

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Link zum Text der EU-Verordnung Medical Device Regulation (MDR) im EU-Portal

Link zu den FAQ des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

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