CTR - Clinical Trial Regulation
Verordnung (EU) Nr. 536/2014
Die EU-Verordnung Nr. 536/2014, Clinical Trial Regulation – kurz CTR – genannt, wurde entwickelt, um die Genehmigung und Durchführung klinischer Prüfungen in der Europäischen Union zu harmonisieren und zu vereinfachen.
Sie entstand aus der Notwendigkeit heraus, das Umfeld für klinische Prüfungen in der EU zu verbessern. Denn die vorherige Richtlinie 2001/20/EG führte aufgrund der uneinheitlichen Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten zu einem komplexen und fragmentierten regulatorischen Rahmen. Dies verursachte Verzögerungen und erhöhte Kosten für die Forschung, wodurch die EU im Vergleich zu anderen Regionen an Attraktivität für klinische Studien verlor.
Die Europäische Kommission startete daher eine umfassende Konsultation und Überprüfung, die zu einem neuen Vorschlag führte, der am 16.04.2014 als Verordnung (EU) Nr. 536/2014 zusammen mit der Aufhebung der vorherigen Richtlinie 2001/20/EG verabschiedet wurde.
In Kraft getreten war die CTR damit bereits im Jahr 2014.
Allerdings hing der Zeitpunkt ihrer Anwendung von der Entwicklung eines voll funktionsfähigen EU-Portals (Clinical Trials Information System – CTIS) und einer voll funktionsfähigen EU-Datenbank (European Clinical Trials Register) für klinische Prüfungen ab.
Der Verwaltungsrat der EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) bestätigte der Europäischen Kommission erst am 21. April 2021, dass das EU-Portal CTIS und die Datenbank einsatzfähig sind.
Somit wurde der Geltungsbeginn der Clinical Trial Regulation auf den 31. Januar 2022 festgelegt.
Was regelt die CTR?
Hierfür hilft ein Überblick über die einzelnen Kapitel der EU-Verordnung:
Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1-3: Beinhaltet den Anwendungsbereich der Verordnung, Definitionen zentraler Begriffe und grundlegende Anforderungen, die an klinische Prüfungen gestellt werden. Es wird klargestellt, dass die Verordnung für klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln gilt. Sie gilt nicht für nichtinterventionelle Studien.
Kapitel II: Verfahren zur Genehmigung einer klinischen Prüfung
Artikel 4-14: Regelt die Einreichung und Bewertung von Anträgen für klinische Prüfungen, einschließlich der Anforderungen an die Einreichung über das EU-Portal CTIS. Es legt Fristen und Verfahren für die Bewertung durch die Mitgliedstaaten fest.
Kapitel III: Verfahren zur Genehmigung einer wesentlichen Änderung einer klinischen Prüfung
Artikel 15-24: Beschreibt die Validierung und Bewertungsaspekte des Antrags und die geltenden Fristen.
Kapitel IV: Antragsdossier
Artikel 25-27: Definiert die vorzulegenden Daten, regelt die Antragssprache und verweist auf die Anhänge I und II.
Kapitel V: Schutz der Prüfungsteilnehmer und Einwilligung nach Aufklärung
Artikel 28-35: Regelt das Aufklärungsgespräch, Informationsmaterial und den Einwilligungsprozess mit allen Prüfungsteilnehmern, insbesondere aus vulnerablen Gruppen wie z.B. minderjährigen Patienten oder Notfallpatienten.
Kapitel VI: Beginn, Ende, vorübergehende Unterbrechung und vorzeitiger Abbruch einer klinischen Prüfung
Artikel 36-39: Beschreibt die Mitteilungspflichten und -fristen durch den Sponsor.
Kapitel VII: Sicherheitsberichterstattung im Rahmen einer klinischen Prüfung
Artikel 40-46: Verweist auf die EudraVigilance-Datenbank und regelt die Meldepflichten und -fristen für (schwerwiegende) unerwünschte Ereignisse (AE und SAE) vom Prüfer an den Sponsor sowie der mutmaßlich unerwarteten schwerwiegenden Nebenwirkungen SUSAR) durch den Sponsor an die Behörden. Weiterhin werden die jährliche Berichterstattung und Bewertung durch die Mitgliedsstaaten geregelt.
Kapitel VIII: Durchführung einer klinischen Prüfung, Überwachung durch den Sponsor, Schulung und Erfahrung, Hilfspräparate
Artikel 47-59: Verweist auf GCP und die Wichtigkeit der Einhaltung des Prüfplans. Die Eignung der und Anforderungen an Prüfzentren und mitwirkende Personen wird beschrieben sowie der Umgang mit Prüfpräparaten definiert. In diesen Artikeln werden die Sicherheitsmaßnahmen, relevante Meldepflichten bei schwerwiegenden Verstößen und der Umgang mit dem Master File geregelt.
Kapitel IX: Herstellung und Einfuhr von Prüfpräparaten und Hilfspräparaten
Artikel 60-65: Regelt die Voraussetzungen für Erhalt einer Erlaubnis an beteiligte Personen, Produktionsstätten und Herstellungsprozess.
Kapitel X: Etikettierung
Artikel 66-70: Gibt die Anforderungen an die Angaben auf der äußeren Verhüllung und der Primärverpackung von nicht zugelassenen Prüfpräparaten vor.
Kapitel XI: Sponsor und Prüfer
Artikel 71-75: Definieren die Rollen von Sponsor, Co-Sponsor und Hauptprüfer.
Kapitel XII: Schadensersatz
Artikel 76: Fordert ein Verfahren zur Entschädigung von Prüfungsteilnehmern im Schadensfall.
Kapitel XIII: Überwachung durch die Mitgliedstaaten, EU-Inspektionen und Kontrollen
Artikel 77-79: Umfasst die Regelungen für Inspektionen durch die zuständigen Behörden, um die Einhaltung der Verordnung zu überprüfen.
Kapitel XIV: IT-Infrastruktur
Artikel 80-82: Beschreibt das EU-Portal CTIS sowie die EU-Datenbank und macht Vorgaben zu deren Funktionsfähigkeit.
Kapitel XV: Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten
Artikel 83-85: Gibt vor, dass es nationale Kontaktstellen geben soll und diese sich zu einer Koordinations- und Beratungsgruppe für klinische Prüfungen (KBkP) zusammenschließen.
Kapitel XVI: Gebühren
Artikel 86-87: Erlaubt den Mitgliedsstaaten, Gebühren zu erheben.
Kapitel XVII: Durchführungsrechtsakte und delegierte Rechtsakte
Artikel 88-89: Definiert Ausschussverfahren und die Ausübung der Befugnisübertragung.
Kapitel XVIII: Sonstige Bestimmungen
Artikel 90-95: Regelt den Datenschutz, benennt Sanktionen bei Verstößen und die zivilrechtliche Haftung und gibt vor, dass die Kosten für Prüfpräparate und Verfahren i.d.R. nicht durch den Prüfungsteilnehmer zu tragen sind.
Kapitel XIX: Schlussbestimmungen
Artikel 96-99: Die Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG, die Überprüfung dieser neuen Verordnung nach jeweils 5 Jahren, Übergangsbestimmungen und Inkrafttreten sind die Inhalte des letzten Kapitels.
Diese Kapitel strukturieren die Verordnung klar und umfassend, um alle Aspekte der klinischen Prüfungen zu regulieren, von der Einreichung und Genehmigung bis hin zur Durchführung, Überwachung und Transparenz. Sie schaffen einen harmonisierten Rahmen, der die Durchführung klinischer Prüfungen innerhalb der EU vereinfacht und gleichzeitig den Schutz der Studienteilnehmer gewährleistet.
Weitere wichtige Änderung durch die Verordnung (EU) 536/2014 – CTR – ist die Verbesserung des Antragsprozesses. Multinationale Studien benötigen jetzt lediglich eine Antragstellung innerhalb der EU.
Auswirkung auf nationales Recht
In Deutschland, wie in allen EU-Mitgliedstaaten, hat eine EU-Verordnung wie die Clinical Trial Regulation unmittelbare Geltung.
Denn im Gegensatz zu einer Richtlinie, die von den Mitgliedstaaten zunächst in nationales Recht umgesetzt werden muss, gilt eine Verordnung unmittelbar nach Inkrafttreten in allen Mitgliedstaaten.
Trotzdem sind natürlich Anpassungen nationaler Gesetze notwendig, um mögliche Widersprüche zu vermeiden und die Durchführung der Verordnung zu unterstützen.
Für klinische Prüfungen bedeutet dies, dass die bisherigen nationalen Regelungen im Arzneimittelgesetz (AMG) angepasst oder aufgehoben wurden, um den Anforderungen der Verordnung zu entsprechen. Dies erfolgte im 4. AMG-Änderungsgesetz 2016.
Auch Ethikkommissionen und nationale Behörden wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) müssen ihre Verfahren an die neuen EU-Vorgaben anpassen.
Fazit
Die Clinical Trial Regulation – Verordnung (EU) Nr. 536/2014 – hat für die teilnehmenden Sponsoren, Ärztinnen und Ärzte in klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln große Bedeutung und definiert die wesentlichen Anforderungen. Es gelten einheitliche Standards und Verfahren innerhalb der Europäischen Union und damit eine erhöhte Verantwortung für die Sicherheit der Studienteilnehmer.
Sie sollten die für sich wichtigsten Punkte aus der CTR unbedingt kennen, um rechtskonform in klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln mitwirken zu können.
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