Gemäß den Regularien kann eine klinische Prüfung nur an einer geeigneten Prüfstelle (Prüfzentrum) durchgeführt werden. Welche Kriterien nun für diese Eignung konkret erforderlich sind, hängt von dem jeweiligen Studienprojekt ab und sollte vom Sponsor der Studie im Vorfeld festgelegt und im Zentrenauswahlprozess überprüft werden (Site Feasibility).
Die endgültige Bewertung dieser Kriterien und die jeweilige Eignung als Prüfstelle wird von der zuständigen Ethikkommission durchgeführt. Daher muss auch der Sponsor für jedes teilnehmende Prüfzentrum eine zustimmende Bewertung (Ethikvotum) beantragen. Dies erfolgt i. d. R. im Rahmen des allgemeinen Genehmigungsprozess bzw. Antragsprozess der klinischen Prüfung. Nach GCP sollen hierbei folgende Punkte beachtet werden:
- Qualifikation der Prüfer und des Prüfteams
- Ausreichend großes Prüfteam
- Infrastruktur am Prüfzentrum
- Geeignete Prozesse und zur Verfügung stehende Zeit, um die klinische Prüfung durchführen zu können
- Genügend Studienteilnehmer
1. Qualifikation der Prüfer und des Prüfteams
Die zur Durchführung einer klinischen Prüfung erforderliche Qualifikation umfasst eine ausreichende Erfahrung in der jeweiligen Indikation (häufig Facharztqualifikation) und idealerweise auch im Umgang mit dem Prüfpräparat bzw. Prüfprodukt. Von den Hauptprüfern (Principal Investigator) wird meist auch Studienerfahrung erwartet. Die entsprechenden Prüfarztkurse (GCP-Kurse) sind für das ärztliche Team mandatorisch. Für die nichtärztlichen Mitglieder werden spezielle Kurse (z. B. Studienassistenzkurs) empfohlen und teilweise auch von den Sponsoren verlangt.
2. Ausreichend großes Prüfteam
Die Größe sowie die Zusammensetzung des Prüfteams hängen stark von der jeweiligen klinischen Prüfung ab. Dabei spielen die Komplexität der Studie, der Aufwand und vor allem die Anzahl der betreuten Studienteilnehmer eine Rolle. Hier sollte der Sponsor (CRO) genaue Vorstellungen haben, die dann auch von der zuständigen Ethikkommission akzeptiert werden. Wenn z. B. der Sponsor (CRO) nur mit einem Hauptprüfer, einem weiteren Prüfarzt und einer Studienassistenz plant, die Ethikkommission jedoch einen weiteren Prüfer als Stellvertreter und zwei Studienkoordinatoren verlangt, wird der Ethikantrag abgelehnt werden. Dies kostet Zeit und Geld und der Studienstart verzögert sich, weil eventuell neue Prüfzentren gesucht werden müssen.
Des Weiteren sollte auch klar vereinbart werden, ob z. B. das Kliniklabor, die Apotheke, die Radiologie, Teil des Prüfteams sind und dann der Hauptprüfer auch für diese Institutionen verantwortlich ist oder dort nur Routinemaßnahmen durchgeführt werden sollen.
3. Infrastruktur am Prüfzentrum
Analog zur Zusammensetzung des Prüfteams sollte der Sponsor (CRO) auch vorgeben, welche Infrastruktur erforderlich ist. Das beginnt schon damit, dass ausreichend große Lagerkapazitäten für das Prüfpräparat vorhanden sind. Eventuell ist hier eine Kühlung erforderlich, so dass auch die entsprechenden Kühlgeräte benötigt werden. Auch ist die Aufbewahrung der Studienordner und die anschließende Archivierung bereits im Vorfeld zu Berücksichtigen. Dies gilt ebenfalls für die notwendige digitale Ausstattung (z. B. WLAN).
4. Geeignete Prozesse und zur Verfügung stehende Zeit, um die klinische Prüfung durchführen zu können
Da die Durchführung klinischer Prüfungen immer komplexer wird und die Unterstützung durch die Sponsoren (CRO) z. B. durch klinische Monitore immer weiter abnimmt, ist es wichtig, geeignete Prozesse und Zuständigkeiten am Prüfzentrum zu etablieren. Auch hier gehen immer mehr Sponsoren (CRO) dazu über, dies als Auswahlkriterium zu verlangen. Prüfzentren, wo das gesamte Studien-Know-how bei einer erfahrenen Studienkoordinatorin gebündelt ist und die Studiendurchführung beim Ausfall dieser Person zusammenbricht, sollten der Vergangenheit angehören. Ausreichend Vertretungskräfte sowie eine klare Aufgabenbeschreibung (z. B. durch SOPs) ist eine entscheidende Voraussetzung zur erfolgreichen Studiendurchführung.
5. Genügend Studienteilnehmer
Viele Studienprojekte ziehen sich in die Länge oder scheitern sogar, weil die geplante Anzahl an Studienteilnehmern nicht rekrutiert werden kann. Es sollte daher im Vorfeld genau überlegt werden, wie genügend Patienten für eine Studienteilnahme gewonnen werden können. Im Ethikantrag sind hierzu ebenfalls Angaben, z. B. zur Patientenzahl in der entsprechenden Indikation oder konkreten Rekrutierungsmaßnahmen zu machen. Für den Sponsor ist dies häufig der wichtigste Punkt bei der Zentrumsauswahl, da durch eine schnelle Rekrutierung hohe Kosten vermieden werden können.
Feasibility
Um die oben genannten Punkte möglichst vollständig erfassen zu können, lassen im Zentrumsauswahlprozess viele Sponsoren (CRO) von den Prüfzentren umfangreiche Feasibility-Fragebögen bzw. Checklisten ausfüllen.
Dies ist oft ein nicht zu unterschätzender Aufwand, der meist auch nicht honoriert wird. Trotzdem ist dies auch für das Prüfzentrum wichtig, da man hier gefordert ist, sich intensiv mit dem Studienprojekt zu beschäftigen, sich mit der notwendigen Infrastruktur und Prüfteamgröße auseinanderzusetzen und ein Pre-Screening nach potenziellen Studienteilnehmern durchzuführen.
Nur so lässt sich frühzeitig erkennen, ob das geplante Studienprojekt wirklich zum Prüfzentrum passt oder man vielleicht doch lieber absagen sollte. Ein solcher Feasibility-Prozess ist auch nur bei den ersten Durchführungen aufwendig. Später kann man dann meist auf bereits erhobene Informationen zurückgreifen.
Fazit
Die Teilnahme an einer, für das Prüfzentrum ungeeigneten, klinischen Prüfung kann durch eine umfangreiche Bestandsaufnahme bzw. Feasibility-Check im Vorfeld vermieden werden. Dies gilt auch besonders für die Auswahl der Studie bzw. des Sponsors (CRO). Besprechen Sie konsequent die erforderlichen Voraussetzungen zur Studienteilnahme. Dabei ist die Kenntnis des finalen Studienprotokolls, des CRF und weiterer wichtiger Studiendokumente essenziell. Bei Zweifeln ist eher ein Abwarten bzw. eine etwas spätere Studienteilnahme zu empfehlen.
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