Im Rahmen der Vigilanz sind neben Adverse Events (AE) und Serious Adverse Events (SAE) auch Produktmängel in klinischen Prüfungen mit Medizinprodukten und in Leistungsstudien (Leistungsbewertungsprüfungen) mit in-Vitro-Diagnostika zu beachten.
Als Produktmangel wird jede Unzulänglichkeit des Prüfprodukts inkl. Comparator in Bezug auf seine Identität, Qualität, Haltbarkeit, Zuverlässigkeit, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit und Leistungsfähigkeit bezeichnet. Das schließt Fehlfunktionen, Anwendungsfehler und eine unzureichende schriftliche Information durch den Hersteller ein.
Aufgaben des Prüfzentrums
Sobald das Prüfprodukt am Prüfzentrum eintrifft, sollte dort eine erste Kontrolle bzw. Sichtprüfung erfolgen. Wird hierbei ein Produktmangel festgestellt, kann durch das Ergreifen eigenverantwortlicher, korrektiver Maßnahmen ein möglicher Schaden für die Studienteilnehmenden bzw. Anwendenden vermieden werden.
Solche Maßnahmen sind z. B. das Aussortieren (Quarantäne) und die Nichtanwendung des Produkts verbunden mit der Benachrichtigung des Sponsors.
Eine Sichtprüfung bzw. eine Überprüfung, ob die Temperaturbedingungen während der Lieferung eingehalten wurden, macht auch bei Prüfpräparaten in Arzneimittelstudien Sinn.
Zudem sollten Sie prüfen, ob dieser Produktmangel zu einem SAE führen könnte. Falls ja, spricht man von einem Produktmangel mit SADE-Potenzial (Serious Adverse Device Effect) – und damit ist eine entsprechende SAE-Meldung an den Sponsor zu schicken.
Sind durch den Produktmangel bereits AEs oder gar SAEs aufgetreten, sind diese wie gewohnt zu melden. Zu beachten ist, dass in diesen Fällen eine Kausalität immer gegeben ist.
SUSAR-(USADE-)Meldung des Sponsors an die Behörde
Sobald ein Prüfzentrum ein SAE an den Sponsor meldet und der Prüfarzt oder der Sponsor einen möglichen kausalen Zusammenhang mit dem Prüfpräparat / Prüfprodukt annimmt, wird aus dem SAE ein SAR (Serious Adverse Drug Reaction) bzw. ein SADE (Serious Adverse Device Effect).
Die Aufgabe des Sponsors ist es nun, die Erwartbarkeit (z. B. anhand der Investigator’s Brochure) zu bewerten. Ist das Ereignis demnach unerwartet eingetreten, wird aus dem SAR ein SUSAR (Suspected Unexpected Serious Adverse Drug Reaction) bzw. aus dem SADE ein USADE (Unanticipated Serious Adverse Device Effect).
In beiden Fällen muss der Sponsor die Behörden darüber informieren. Dafür hat er jedoch nur 15 Tage bzw. bei Todesfällen bzw. lebensbedrohlichen Zuständen nur 7 Tage Zeit. Es ist wahrscheinlich, dass der Sponsor vorab das Prüfzentrum kontaktiert und um weitere Informationen bittet.
Benachrichtigungen des Sponsors an die Prüfzentren (Investor Notification)
Der Sponsor informiert darüber hinaus auch alle Prüfzentren, die mit dem betroffenen Prüfpräparat / Prüfprodukt eine klinische Prüfung durchführen, über solche Ereignisse.
Diese Investigator Notifications (SUSAR-Meldungen) enthalten eine kurze Fallbeschreibung und sind durch alle Prüfärztinnen und Prüfärzte zur Kenntnis zu nehmen.
Ob diese Benachrichtigung ausschließlich digital, per E-Mail oder per Fax erfolgt, hängt vom Sponsor ab – der Übermittlungsweg sollte spätestens bei der Initiierungsvisite besprochen werden.
Der Principal Investigator trägt die Verantwortung, dass das gesamte ärztliche Prüfteam von den Meldungen Kenntnis erhält und die Meldungen (falls in Papierform) im Studienordner abgelegt werden. Wir empfehlen Ihnen, dafür ein entsprechendes Log zu führen.
Fazit
Der Umgang mit Produktmängeln und den Benachrichtigungen zu SUSAR-Meldungen sind neben der Bearbeitung von Adverse Events und Serious Adverse Events ein nicht minder wichtiger Teil der Arzneimittel- bzw. Medizinproduktesicherheit am Prüfzentrum. Die fehlerhafte Handhabung ist ein häufiges Major Finding bei Audits und Inspektionen und stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegenüber der Patientensicherheit dar.
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