In den letzten Jahren hat die Attraktivität des hiesigen Standorts für die Durchführung klinischer Prüfungen stark abgenommen. Als Grund werden unter anderem die in Deutschland langen Vertragsverhandlungen beschrieben. Diese teilweise mehrere Monate dauernden Prozesse sind im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähig. Daher haben bereits vor einigen Jahren sowohl Vertreter der Arzneimittelhersteller als auch der Studienzentren sogenannte Mustervertragsklauseln entwickelt. Diese konnten auf freiwilliger Basis zur Erstellung von Prüferverträgen genutzt werden (siehe auch: mustervertragsklauseln.de).

2024 wurde diese Problematik vom Gesetzgeber erkannt und im Rahmen des Medizinforschungsgesetz beschrieben. Demnach sollen verbindliche Standardvertragsklauseln geschaffen werden, welche einen schnelleren Abschluss der Prüferverträge ermöglichen sollen. Diese sind am 16.09.2025 im Rahmen der Verordnung zur Vereinfachung der Durchführung und Genehmigung klinischer Prüfungen publiziert worden.

In diesem Beitrag möchten wir Ihnen die wichtigsten Punkte aus dieser Verordnung vorstellen. Die vollständigen Standardvertragsklauseln sind in der Standardvertragsklauselverordnung, kurz StandVKlV (siehe BGBI. I 2025, Nr. 215), veröffentlicht.

Bitte beachten Sie, dass dieser Blog-Beitrag keine rechtliche Beratung darstellt.

Die Standardvertragsklauseln sind verbindlich auf alle Verträge zwischen einem (gewerblichen) Sponsor und Prüfzentren (Prüfervertrag) anzuwenden, die nach dem 17. Dezember 2025 geschlossen werden. Sie gelten nur für klinische Prüfungen mit Arzneimitteln nach der VO (EU) 536/2014 Art. 2 (2) Nr. 2.


Nicht anzuwenden sind die Standardvertragsklauseln bei:

Folgende Bereiche werden durch die Standardvertragsklauseln geregelt:

  1. Publikationen
  2. Recht auf Ergebnisse
  3. Vertraulichkeit
  4. Namens- und Markenrechte
  5. Überlassene Geräte und Materialien
  6. Inspektionen und Audits
  7. Haftung
  8. Studiendokumentation und Archivierung
  9. Datenschutz
  10. Vertragsende
  11. Datenschutz bei gemeinsamer Verantwortlichkeit

1. Recht des Sponsors auf Erstveröffentlichung

Der Sponsor hat das Recht zur Erstveröffentlichung der Ergebnisse innerhalb von 12 Monaten nach Beendigung der klinischen Prüfung. Danach kann auch das Prüfzentrum die Ergebnisse veröffentlichen. Dies gilt jedoch nur für die am jeweiligen Prüfzentrum generierten Ergebnisse. Dem Sponsor ist vor Veröffentlichung das Manuskript zur Bewertung vorzulegen.

2. Rechte an Ergebnissen (Arbeitnehmererfindungen)

Stellen die Ergebnisse der klinischen Prüfung Arbeitnehmererfindungen dar, hat das Prüfzentrum den Sponsor darüber zu informieren und ihm das Optionsrecht auf Erwerb dieser Erfindungen einzuräumen. Rechte an Prüfungsergebnissen, die keine Arbeitnehmererfindungen darstellen, sind an den Sponsor abzutreten.
Die Nutzung der eigenen Ergebnisse zum Zwecke von Forschung und Lehre steht dem Prüfzentrum uneingeschränkt zu. Patientenakten bleiben immer im Eigentum des Prüfzentrums.

3. Umgang mit vertraulichen Informationen

Grundsätzlich sind alle Informationen des Prüfervertrags vertraulich zu behandeln. Eine Weitergabe dieser Informationen ist nur unter Zustimmung der Vertragspartner erlaubt. Die Vertraulichkeit ist auch nach Ende der klinischen Prüfung für 10 Jahre einzuhalten.

4. Namens- und Markenrechte

Die Namens- und Markenrechte der Vertragsparteien werden wechselseitig anerkannt. Eine Namensnutzung ohne Zustimmung ist nur zur Durchführung der klinischen Prüfung, zur Veröffentlichung und für regulatorische Zwecke möglich.

5. Umgang mit überlassenen Geräten und Materialien

Wenn der Sponsor den Prüfzentren Geräte (z. B. Kühlschränke, Geräte zur Diagnostik) oder Materialien (Verbrauchsmaterial, Software) zur Durchführung der klinischen Prüfung zur Verfügung stellt, geschieht dies auf Leihbasis. Diese stellen keine Vergütung dar und gehen auch nicht in das Eigentum des Prüfzentrums über. Der Sponsor hat nach Beendigung der klinischen Prüfung die Gräte und Materialien zurückzunehmen. Das Prüfzentrum hat die sachgemäße Nutzung und den Schutz vor Beschädigung und Diebstahl sicherzustellen.

6. Durchführung von Inspektionen und Audits

Der Sponsor kann frühzeitig angekündigte Audits am Prüfzentrum durchführen. Ihm ist der Zugang zu den Räumlichkeiten des Prüfzentrums und zu allen Prüfungsdokumenten inkl. Originaldaten zu ermöglichen. Die Einsicht in Patientenakten ist möglich, wenn die Patienten dazu eingewilligt haben. Der Sponsor hat dem Prüfzentrum im Anschluss die Ergebnisse des Audits mitzuteilen.

Behörden können vor, während und nach Abschluss einer klinischen Prüfung Inspektionen am Prüfzentrum durchführen. Diese können sowohl angekündigt als auch unangekündigt stattfinden. Das Prüfzentrum informiert den Sponsor unverzüglich darüber und erlaubt die Teilnahme eines Sponsorvertreters an der Inspektion. Sowohl der Sponsor als auch das Prüfzentrum haben das Recht zur Stellungnahme und müssen über die Inspektionsergebnisse informiert werden. Das Prüfzentrum kooperiert mit den Behörden und dem Sponsor im Rahmen der Inspektion und ergreift alle erforderlichen Maßnahmen, um gefundene Mängel zu beseitigen.

7. Haftung des Prüfzentrums

Das Prüfzentrum ist auch bei leichter Fahrlässigkeit für Schäden, die durch eine Verletzung der Vertragspflichten resultiert haftbar. Das Prüfzentrum ist nicht dafür haftbar zu machen, wenn das gewünschte Prüfungsergebnis nicht erreicht wird.

8. Dokumentation der klinischen Prüfung, Archivierung der Prüfungsdokumente

Das Prüfzentrum bewahrt die Prüfungsdokumentation in analoger oder digitaler Form bis Ablauf der gesetzlichen bzw. vereinbarten Frist auf. Eine Vernichtung kann nur nach vorheriger Prüfung durch den Sponsor geschehen. Das Prüfzentrum sichert die Aufbewahrung an einem geeigneten Ort und sorgt in einer geeigneten Weise dafür, dass die Prüfungsdokumente nicht versehentlich vernichtet werden.

9. Einhalten des Datenschutzes

Die Datenschutzbestimmungen aus der Datenschutz-Grundverordnung, der VO (EU) 536/2014 sowie dem AMG sind einzuhalten.

10. Beendigung und Kündigung des Vertrages

Der Prüfervertrag endet nach Ablauf aller Pflichten aus der klinischen Prüfung. Er endet auch, wenn die klinische Prüfung am Prüfzentrum nicht initiiert werden kann. Auch kann der Sponsor den Vertrag jederzeit kündigen.

Nach Beendigung der klinischen Prüfung gibt das Prüfzentrum die Prüfpräparate sowie Geräte und Materialien an den Sponsor zurück.

Es werden am Prüfzentrum keine weiteren Prüfungsteilnehmer rekrutiert. Bereits eingeschlossene Prüfungsteilnehmer müssen bei Bedarf weiterbehandelt werden.

11. Datenschutz bei gemeinsamer Verantwortlichkeit

Grundsätzlich ist jede Vertragspartei selbst für die Einhaltung der Datenschutz-bestimmungen verantwortlich. Jedoch ist der Sponsor für die datenschutzkonforme Verarbeitung der an ihn übermittelten Daten verantwortlich. Der Sponsor stellt auch eine geeignete Datenübertragung zur Verfügung. Das Prüfzentrum ist für die Erhebung, Bewertung und Übertragung der Prüfungsdaten verantwortlich. Die Prüfungsteilnehmer sind über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten und ihre Betroffenenrechte zu informieren. Das Prüfzentrum ist hierbei die primäre Kontaktstelle. Der Sponsor muss dafür eine, von der zuständigen Ethikkommission bewertete, Einwilligungserklärung in die pseudonymisierte Datengabe zur Verfügung stellen.

Eingetretene Datenschutzverletzungen müssen der anderen Vertragspartei unverzüglich und vollständig sowie entsprechend den Datenschutz-Aufsichtsbehörden gemeldet werden.

Fazit

Die Standardvertragsklauseln sind praktisch eine offizielle Version der bekannten Mustervertragsklauseln der Verbände. Zu beachten ist, dass diese Standardvertragsklauseln für alle Prüferverträge, die nach dem 17. Dezember 2025 abgeschlossen werden, verbindlich gelten. Theoretisch können die Vertragsparteien zwar von den Klauseln abweichen, dann muss dies jedoch begründet werden. Eine Frage wird auch sein, wie mit Prüferverträgen umzugehen ist, die aus Unkenntnis heraus, die Standardvertragsklauseln nicht einhalten und dies auch nicht begründet wird. Hier ist eine Information an die jeweiligen Rechtsabteilungen und Datenschutzbeauftragten zu empfehlen.

Die Pflichten aus der Durchführung der klinischen Prüfung selbst, werden in den Standardvertragsklauseln kaum thematisiert bzw. auf geltendes Recht verwiesen. Bei klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln umfasst das geltende Recht u. a. die VO (EU) 536/2014 (Clinical Trial Regulation), das Arzneimittelgesetz (AMG), die GCP-Leitlinie (ICH E6 R3), die Deklaration von Helsinki (2024), die jeweilige Berufsordnung der Ärzte sowie die Datenschutz-Grundverordnung.

Nicht vergessen werden darf der Prüfplan (das Studienprotokoll), in dem die klinische Prüfung möglichst vollständig beschrieben sein sollte. Vereinfacht lässt sich sagen, dass alle Punkte, die nicht durch den Prüfervertrag, den Prüfplan oder die Regularien geregelt wurden, nicht umzusetzen sind. Mündliche Aussagen und Nebenabreden sind i. d. R. nicht zulässig.

Über finanzielle Aspekte, sowie über vergütungsfähige Leistungen im Rahmen der klinischen Prüfung, werden in den Standardvertragsklauseln keine Aussagen getroffen. Gerade diese Punkte spielen jedoch in vielen Fällen eine maßgebliche Rolle bei den Vertragsverhandlungen und sind auch häufig die Gründe, die zu den langen Zeiträumen bis zum Vertragsabschluss führen. Da dies jedoch nicht geklärt wurde, bleibt abzuwarten, ob die nun beschlossenen Standardvertragsklauseln tatsächlich eine Beschleunigung bewirken können.

Mit den finanziellen Aspekten werden wir uns im nächsten Beitrag näher beschäftigen.


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