Studienordner mit den Essential Documents sind weit über das Studierende hinaus am Prüfzentrum aufzubewahren. Die genauen Fristen werden vom Sponsor festgelegt, betragen aber mindestens 10 Jahre, bei klinischen Prüfungen nach AMG sogar mindestens 25 Jahre.
Zur GCP-konformen Archivierung gibt es häufig Fragen in unseren Kursen, die wir in diesem Beitrag beantworten möchten.
Folgende Themen haben wir für Sie zusammengestellt:
Digital, Papierversion oder beides?
Umgang mit den archivierten Dokumenten
Verantwortlichkeiten
Grundsätzlich sollten alle Punkte bezüglich der Aufbewahrung der Studiendokumente am Prüfzentrum im Prüfervertrag klar geregelt sein.
Ob am Prüfzentrum der Hauptprüfer (Principal Investigator) oder die Institution (Klinik, Praxis) für die Archivierung verantwortlich ist, sollte ebenfalls vertraglich vereinbart sein. Eine Übertragung auf die Institution ist zu bevorzugen. Diese benennt dann eine für die Archivierung verantwortliche Person. Eine Änderung der Verantwortung ist dem Sponsor jeweils mitzuteilen.
ISF/TMF
Gemäß den Prinzipien von GCP müssen sämtliche Studiendaten so aufgezeichnet, bearbeitet und aufbewahrt werden, dass eine sorgfältige Berichterstattung, Auswertung und Überprüfung möglich ist. Dies ist unabhängig vom gewählten Medium (z. B. elektronisch, Papierform) sicherzustellen.
Um nachträgliche Manipulationen zu erschweren, erfolgt dies doppelt: am Prüfzentrum (ISF – Investigator Site File) sowie beim Sponsor (TMF – Trial Master File). Studienteilnehmer identifizierbare Daten (z. B. in der Patientenakte) sind jedoch aus Datenschutzgründen nur am Prüfzentrum vorhanden. Weiterhin müssen die Überprüfung und Bewertung unabhängig von einzelnen Personen bzw. deren Unterstützung möglich sein. Das bedeutet, der ISF muss für sich allein verständlich sein.
Den Inhalt des jeweiligen ISF gibt der Sponsor der Studie vor. Diese sind größtenteils in den GCP-Regularien (ICH-GCP, ISO14155 bzw. ISO 20916) beschrieben. Dazu kommen noch weitere, studien- bzw. sponsorspezifische Dokumente. Außerdem sind dort die Quelldokumente sowie die für das Verständnis der Studiendurchführung relevante Korrespondenz (z. B. mit dem CRA) abzulegen.
Dokumente, die während der Studiendurchführung an verschiedenen Orten (z. B. Apotheke, Buchhaltung) aufbewahrt werden, sollten vor der Archivierung in den ISF überführt werden. Falls dies nicht möglich sein sollte, muss das Prüfzentrum Aufzeichnungen zum Aufbewahrungsort der jeweiligen Studiendokumente führen. Wichtig ist, dass eine Auflistung aller Studiendokumente des ISF vorhanden ist. Die Vollständigkeit ist gemäß GCP durch den klinischen Monitor (CRA) zu überprüfen und zu bestätigen.
Mit Ausnahme der Quelldokumente (Source Documents) beinhaltet der TMF beim Sponsor (bzw. bei der CRO) alle Dokumente, die auch im ISF der jeweiligen Prüfzentren enthalten sind. Das bedeutet, dass spätestens zum Studienende all diese Dokumente am Zentrum kopiert und anschließend ein Exemplar zum Sponsor (bzw. zur CRO) übermittelt werden muss. Idealerweise übernimmt dies der klinische Monitor (CRA).
Digital, Papierversion oder beides?
Gemäß GCP ist eine elektronische Aufbewahrung nur in einem validierten System möglich. Dazu sollte der Sponsor genaue Vorgaben machen und die Konformität des am Prüfzentrum eingesetzten Systems mit diesen Vorgaben bestätigen. Ein solches Archivsystem muss vor unberechtigtem Datenzugriff geschützt, eine Änderung der archivierten Daten nicht möglich sein.
Datenverlust durch Löschung oder auch Software- bzw. Systemänderungen soll durch regelmäßige Datensicherungen verhindert werden. Gerade bei elektronischen Datenträgern muss auch ein späterer Zugriff möglich sein. Falls erforderlich, ist eine Datenmigration auf modernere, validierte Medien durchzuführen. Dies gilt auch für die verwendeten Datei- bzw. Bilddatenformate.
Wenn Dokumente eingescannt werden, muss sichergestellt werden, dass diese vollständig und lesbar digitalisiert wurden. Es wird zusätzlich die weitere Aufbewahrung der Papierversion empfohlen, um Diskussionen bei Behördeninspektionen zu vermeiden. Grundsätzlich sollen alle Versionen, auch die Vorgängerversionen vorhanden sein, um den Audit Trail sicherzustellen.
Bei Verwendung einer Papierversion des ISF gilt, dass auch hier alle Versionen ausgedruckt werden müssen, um den Audit Trail sicherzustellen. Korrekturen wurden während der Studiendurchführung immer nur im originalen, elektronischen System durchgeführt, niemals auf den ausgedruckten Kopien.
Anforderung an das Archiv
Die Archivierungsbedingungen am Prüfzentrum sollen vom Sponsor vorgegeben (Vertrag) und vorab überprüft werden.
Dies können z. B. folgende Punkte sein:
- Ist eine elektronische Archivierung möglich? Muss zusätzlich noch die Papierversion aufbewahrt werden?
- Wie sollen die Daten vor unberechtigten Zugriff sowie Datenverlust geschützt werden?
- Wie sollen die Daten vor äußeren Einflüssen, wie z. B. Wasser, Feuer, hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit, Licht, Nager bzw. Insekten geschützt werden.
- Wie groß soll das Archiv mindestens sein? Genügt auch ein feuerfester, abschließbarer Aktenschrank?
Ist eine vertragsgerechte Archivierung am Prüfzentrum direkt nicht sicherzustellen, können die Dokumente auch in einem externen Archiv erfolgen. Dies kann auch durch den Sponsor, im Auftrag des Prüfzentrums veranlasst werden. Der Sponsor darf jedoch keinen Zugriff darauf erhalten.
Umgang mit den archivierten Dokumenten
Sobald die Studiendokumente vollständig in das Archiv überführt wurden, dürfen diese nicht mehr verändert werden. Der Sponsor gibt dazu den Zeitpunkt vor.
Es sollte eine Liste aller archivierten Dokumente (Index) geführt werden, um bei Bedarf die jeweiligen Dokumente schnell auffinden zu können. Sollten, z. B. bei einer Datenmigration, Dokumente aus dem Archiv zeitweise entnommen werden, ist dies zu dokumentieren und die Rückkehr zu bestätigen. Eine Liste der im Archiv beschäftigten Personen ist zu führen.
Der Sponsor legt die Archivierungsdauer fest. Mindestens jedoch sind die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Die Vernichtung der archivierten Dokumente sollte erst nach einer schriftlichen Bestätigung durch den Sponsor erfolgen.
Audits und Inspektionen
Gemäß GCP haben sowohl autorisierte Personen des Sponsors (bzw. der CRO), wie z. B. CRA, Auditoren als auch Behördeninspektoren das Recht auf den direkten Zugriff (einschließlich Vervielfältigung) zu allen Studiendokumenten (einschließlich Quelldokumenten). Das Prüfzentrum muss dies auf Anforderung ermöglichen. Dies wird konkret durch den Prüfervertrag geregelt und im Protokoll beschrieben. Die Studienteilnehmer willigen ebenfalls dazu ein.
Dies gilt auch nach Studienende. Das bedeutet, dass das Prüfzentrum sicherstellen muss, dass Behördeninspektionen und Audits durch den Sponsor möglich sind. Dazu werden entweder die eingelagerten Dokumente dem Archiv entnommen oder die Inspektion bzw. das Audit finden im Archiv statt. Hierbei kommt es leider immer wieder zu schwerwiegenden Findings bezüglich der Archivausstattung und der aufbewahrten Dokumente. Die Gründe dafür sind:
- Keine vertraglichen Regelungen bzgl. der Archivierung
- Nichteinhaltung der Vorgaben
- Studiendokumente wurden vor Überführung ins Archiv nicht auf Vollständigkeit überprüft
- Elektronische Datenträger nicht mehr lesbar
- Kein Schutz vor Wasserschaden bzw. Nagerfraß vorhanden
Beachten Sie bitte auch, dass bei einer Inspektion des Archivs die Überprüfung sich auch auf weitere Studienprojekte ausweiten kann. Dies sollte jedoch vorab angekündigt werden.
Fazit
Gerade durch die verlängerte Aufbewahrungsfrist von 25 Jahren bei klinischen Prüfungen nach AMG, ist ein GCP-konformes Archiv zwingend erforderlich. Um unliebsame Überraschungen z. B. bei einer Inspektion zu vermeiden, sollte eine klare, vertragliche Regelung vor Studienbeginn getroffen sowie eine Bestätigung des Sponsors zur Konformität des Archivs eingeholt werden. Klare Verantwortlichkeiten und eine regelmäßige Kontrolle helfen dabei frühzeitig potentiale Risiken zu erkennen.
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